Samstag, 11. April 2015

Kurzanalyse des tödlichen Lawinenunfalls unterhalb des Visnitzkopfes in der Region Silvretta-Samnaun

Gestern am 10.04. haben wir uns gemeinsam mit der Alpinpolizei den Lawinenabgang unterhalb des Visnitzkopfes, bei dem am 10.04. eine Person getötet, eine Person lebensbedrohlich verletzt wurde, nochmals näher angeschaut.
 
Der Kreis zeigt den Unfallbereich © tiris
 
Vorweg: Die Schneebrettlawine wurde mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit im extrem steilen Gelände an einer schneearmen Stelle ausgelöst. Von dort pflanzte sich der Riss dann innerhalb von bodennahen, aufbauend umgewandelten Schichten weiter fort, sodass die Lawine schlussendlich mittelgroßes Ausmaß annahm.
 
Übersicht der Lawine: Pfeil zeigt den Einfahrtsbereich, Kreis den wahrscheinlichen Auslösebereich (Foto: 10.04.2015)
 
Der unmittelbare Unfallhergang ist nicht bis ins Detail rekonstruierbar. Es dürfte sich aber in etwa folgendermaßen zugetragen haben: Ein deutscher Skiführer ist mit seinem Gast vom Skigebiet Samnaun kommend über das Visnitzjoch Richtung Visnitzkopf aufgestiegen, von wo sie einen nach WNW ausgerichteten Hang Richtung Kappl fahren wollten. Aufgrund der Verschüttungsstellen gehen wir davon aus, dass die Personen mit großen Abständen abgefahren sind und der Gast das Schneebrett kurz nach der Einfahrt in den Hang in einer Höhe von etwa 2650m ausgelöst hat. Beide Personen wurden erfasst und total verschüttet, der Skilehrer am äußersten Rand der Lawinenablagerung. Ein Bergführer, der mit einem Gast etwa zeitglich etwas östlich vom Unfallhang Richtung Kappl abgefahren ist, bemerkte den Lawinenabgang und begann sofort mit der Suche. Der Gast des Skiführers war 2 m tief verschüttet und war beim Ausgraben bereits verstorben. Der Skiführer konnte aus knapp 1m Tiefe ausgegraben werden und wurde in lebensbedrohlichem Zustand in die Innsbrucker Klinik geflogen werden.
 
Oberhalb des Alpinpolizistens erkennt man die 2 Einfahrtsspuren. Zu Beginn war die Schneeoberfläche vom Wind hart gepresst. (Foto: 10.04.2015)
 
Blick Richtung wahrscheinlichem Auslösebereich der Lawine (Foto: 10.04.2015)
 
Lawinenablagergung, wo beide Personen verschüttet wurden. (Foto: 10.04.2015)
 
Wir gruben wieder an verschiedensten Stellen in die Schneedecke und führten Stabilitätsuntersuchungen durch. An schneearmen Stellen konnten am ehesten etwas lockerere Schichten aus aufbauend umgewandelten Kristallen unterhalb bzw. zwischen härteren Schichten gefunden werden, von denen eine Bruchinitiierung möglich erschien. Man benötigte dazu meist große Belastung. Sämtliche Schneeprofile werden demnächst wie gewohnt hier veröffentlicht werden.