Montag, 9. April 2018

Ein lawinenreiches Wochenende liegt hinter uns – Gleitschneelawinen bilden derzeit die Hauptgefahr


Aktuelles...

Seit heute, den 09.04., dämpft hohe Bewölkung samt Saharastaub den Sonnenschein deutlicher, als während der Morgenstunden von uns angenommen wurde. Dadurch ist der Wärmeeintrag in die Schneedecke im Vergleich zu den vergangenen, sehr sonnigen Tagen geringer. Die spontane Lawinenaktivität beschränkt sich deshalb vorerst auf Gleitschneelawinen, welche unberechenbar bleiben.

Der Wolkenaufzug bewirkt aber auch eine schlechtere Abkühlung während der Nachtstunden. Die Schneedecke wird dadurch für den Wintersportler allgemein störanfälliger. Ebenso leidet darunter die Schneequalität, insbesondere unter 2500m. Regen in Osttirol bis etwa 2000m bewirkt Ähnliches.

Wolkenaufzug im ganzen Land. Blick von der Zugspitze Richtung Süden (Foto: 09.04.2018)

Verteilung des Saharastaubes mit erwartetem Maximum für den 12.04. © ZAMG

Rückblick auf das Wochenende…

Das Wochenende ab Freitag, den 06.04., stand unter klassischem Frühjahrseinfluss mit einem deutlichen Anstieg der Lawinengefahr während des Tages. Es lösten sich zahlreiche spontane Lawinen. Ebenso waren Wintersportler bei Lawinenereignissen involviert. Einige Personen wurden verletzt, zumindest eine davon schwer.

Bei den Lawinen handelte es sich in den allermeisten Fällen um Gleitschneelawinen und nasse Lockerschneelawinen. Schneebrettlawinen (Bruch innerhalb einer Schwachschicht in der Schneedecke) waren hingegen vergleichsweise selten anzutreffen, was auf den in Summe recht stabilen Schneedeckenaufbau dieses Winters zurückzuführen ist.

Markant ist der Absturz der Luftfeuchtigkeit am 06.04.. Die am Vortag noch durchnässte Schneedecke kühlte während der Nacht an deren Oberfläche gut aus, wurde während des Tages jedoch wieder feucht. Die Amplitude der Oberflächentemperatur verringerte sich ab dann von Tag zu Tag. Das heißt, die Zeitspanne für gute Verhältnisse während der Morgenstunden wurde immer kürzer.

Die Leitstelle Tirol meldete am 07.04 und 08.04. in Summe 14 Lawinenereignisse mit möglicher Personenbeteiligung, bei mindestens vier davon war dies definitiv der Fall.

Bei der Abfahrt von der Leutascher Dreitorspitze in den Westlichen Nordalpen wurde am 07.04. eine Person um etwa 13:30 Uhr von einer spontanen Lawine auf einer Seehöhe von etwa 1700m erfasst und ca. 200m mitgerissen. Die Person war teilverschüttet und zog sich schwere Verletzungen zu.

Ebenso am 07.04. löste eine im Abstieg befindliche Schneeschuhgeherin gegen 13:40 Uhr unterhalb der Hanauer Hütte auf einer Seehöhe von etwa 1800m eine Nassschneelawine aus. Sie wurde 200m mitgerissen, teilverschüttet und verletzt. (Anmerkung vom 11.04.: Weitere Recherchen ergaben, dass die Person von einer spontanen Gleitschneelawine während einer Querung knapp oberhalb der Hanauer Hütte erfasst und mitgerissen wurde.)

Unterhalb der Alplespleisspitze erfasste am 08.04. um ca. 09:50 Uhr eine spontane Gleitschneelawine zwei Personen, als sie sich gerade für die Abfahrt bereit machen wollten. Eine der Personen wurde nicht verschüttet und blieb unverletzt, die andere erlitt Verletzungen. Die Gleitschneelawine löste sich laut Augenzeugenberichten in einer Höhe von ca. 2350m im ca. 35 Grad steilen Gelände, ohne, dass sich zuvor Risse aufgetan hätten. Die Schneedecke war zum Zeitpunkt des Abgangs noch gut tragfähig.

Lawinenabgang Alplespleisspitze. Gleitschneelawine mit einer geschätzten Anrisshöhe von 3m. (Foto: 08.04.2018)

Lawinenabgang Alplespleisspitze während der Rettungsaktion (Foto: 08.04.2018)

Ebenso am 08.04. löste sich aufgrund der Zusatzbelastung eines Wintersportlers bei der Gefrorenen Wand in den Zillertaler Alpen auf 3250m eine Wechte. Diese verursachte in Folge einen Lawinenabgang. Die anfangs mit der Wechte abgestürzte Person wurde von der Lawine mitgerissen und blieb auf einer Seehöhe von 3050m liegen. Sie erlitt unserem Informationsstand zufolge keine Verletzungen.

Lawinenabgang aufgrund eines Wechtenbruchs unterhalb der Gefrorenen Wand in den Zillertaler Alpen. Der Kreis zeigt den Bereich des Wechtenbruchs, der Pfeil den Endpunkt des Wintersportlers. (Foto: 08.04.2018)

Beim Kreis erkennt man eine Wechte knapp unterhalb des Gipfels der Kraspesspitze in den Nördlichen Stubaier Alpen unmittelbar vor dessen Bruch -> sh. folgendes Bild… (Foto: 07.04.2018)

Die Wechte unmittelbar nach dem Bruch samt Lawinenabgang -> vgl. voriges Bild… (Foto: 07.04.2018)

Weitere mögliche Impulse für Lawinenauslösungen gibt es u.a. in Form von Eissäulen. Wenige Stunden nach dem Foto löste einer dieser Eissäulen eine Nassschneelawine aus. Silvretta. (Foto: 05.04.2018)

Es folgt eine Auswahl weiterer bezeichnender Fotos der vergangenen Tage:

Typisch für die vergangenen Tage, ein Mix aus Lockerschnee- und Gleitschneelawinen. Nördliche Stubaier Alpen (Foto: 08.04.2018)

Gleitschneelawinen…

Hohe Gleitschneeaktivität in der Region Arlberg-Außerfern. Aufgrund der großen Schneemengen konnten Gleitschneelawinen groß werden. (Foto: 08.04.2018)

 
Gleitschneelawine Steißbachtal im Arlberggebiet. Die Lawine überspülte aufgeschobene Schneedämme (Foto: 08.04.2018)

Ablagerung einer Gleitschneelawine auf einer gesperrten Straße im Virgental (Foto: 07.04.2018)

Wirksamer Schutz gegen Gleitschneelawinen einzig durch Verbauung bzw. dichte Aufforstungen. Defereggental (Foto: 07.04.2018)

Lockerschneelawinen…

Nasse Lockerschneelawinen aus felsdurchsetztem Gelände in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 08.04.2018)

Nasse Lockerschneelawine in den Osttiroler Tauern (Foto: 08.04.2018)

Schneebrettlawinen…

 
Schneebrettlawine SW, 2600m am Weg zum Zwieselbacher Rosskogel in den Nördlichen Stubaier Alpen. Abgang vermutlich am 07.04. (Foto: 08.04.2018)

Spontane Schneebrettlawine hinter dem Alpengasthaus Lüsens im Sellraintal löste eine Suchaktion aus. Anriss: 2000m, Ost. Staunässe auf einer harten Kruste als möglicher Auslösefaktor (Foto: 07.04.2018)

Oberflächennahe Schneebrettlawinen im Nordsektor kurzfristig störanfällig auf eingeschneitem Graupel vom 05.04. Langschneid Nord, Defereggental (Foto: 07.04.2018)

Sonstiges…

Bei warmem Wetter und viel Sonnenschein tummelten sich zahlreiche Wintersportler auf den Bergen…

Viel los am Schrankogel in den Nördlichen Stubaier Alpen (Foto: 07.04.2018)

Wer früh unterwegs war, hatte weniger Stress mit Lawinen und zudem oftmals perfekten Firn. (Foto: 08.04.2018)


Zum Teil sehr gute Sprengerfolge, wie hier im Rettenbachtal in den Ötztaler Alpen (Foto: 08.04.2018)


Lawinen drangen teilweise bis ins Grüne vor (Foto: 08.04.2018)